Isabel Bogdan ist Schriftstellerin, Literaturübersetzerin und Bloggerin. Sie wurde 1968 in Köln geboren und studierte Anglistik und Japanologie. Ihr erster Roman „Der Pfau“ (2016) stand monatelang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Ihr zweites Werk „Laufen“ (erschienen 2019) ist „ein Trauer- und Trostbuch“, „ein Buch über Trauer und Neuanfang, ganz ohne Kitsch und kluge Ratschläge“. Es beschreibt, wie aus dem Davonlaufen ein Laufen in ein neues Leben werden kann.
„Ich kann nicht mehr!“ Der erste Satz des Romans deutet sowohl auf die fehlende Kondition nach jahrelanger Laufpause als auch auf die psychische Erschöpfung nach fast einjähriger Trauer um den Partner hin. Die Erzählweise kann man zeitweise als Selbstgespräch oder als Zwiegespräch mit dem verstorbenen Partner interpretieren. Wir erfahren, wie eine Frau aus einer tiefen Krise herausläuft, wie die körperlichen Schmerzen beim Laufen ihre seelischen Probleme vergessen lassen. „Laufen ist super…. ich laufe mir die Grübelei weg…“. Wir erfahren, dass sie Bratschistin in einem Orchester ist und er eine Autowerkstatt mit Vorliebe für Oldtimer hat. Er leidet an einer Depression, die sie vor längerer Zeit gemeinsam überstanden haben. Doch das erneute Aufflammen hat sie nicht bemerkt. Durch seinen Selbstmord ist ihr das erst nachträglich bewusst geworden. Er ist noch allgegenwärtig: Das Bild auf dem Nachttischchen und im Bratschenkasten, seine Mandoline, sein Buckelvolvo und seine Schlafanzüge, in denen sie jetzt schläft. Die üblichen Phrasen der Tröstung nerven sie. Gekränkt ist sie durch das kalte gefühllose Verhalten ihrer „Schwiegereltern“, die ihr nichts von ihm gelassen haben, die es in Kisten auf dem Dachboden abgestellt oder verscherbelt haben. Zum endgültigen Bruch mit ihnen kommt es, als sie ihr seinen Buckelvolvo verkaufen wollen. Sie durchlebt beim Laufen noch einmal ihre Liebe. Sie erinnert sich, wie sie zu seinem Geburtstag nichts recht machen konnte, wie er glaubte, er sei nicht gut genug für sie, wie er ihr zu Weihnachten Käse geschenkt und oft Blumen mitgebracht hat. „Du sollst weg sein und sollst nicht weg sein“ zeigt, dass sie Abstand gewinnen, das Erlebte aber nicht verdrängen will. „Ich fühle mich wie in einem Friesennerz, der mich wie ein Panzer umschließt, in den nichts von außen hineindringt und innen schwitzt man sich tot.“ Damit soll nun Schluss sein. Und man merkt wie mit steigender Kondition im Laufen ihre Seele mehr und mehr Freiheit bekommt. Sie kauft sich ein neues Bett und ein rotes Kleid. Sie spielt mit dem Gedanken, dass jemand neben ihr in dem neuen Bett zum „Anfassen“, zum Kuscheln liegt. Sie geht in ihrem neuen roten Kleid mit Björn zum Tanzen und sie hätte gern einen „Geigenbauer, der sie wieder neu einrichtet“ wie ihre Bratsche, die nach der Aufarbeitung wieder neu und klar erklingt. Und sie schafft es: Sie zieht den Friesennerz aus, gibt wieder ein Solokonzert und will mit Riekes Kindern schlittschuhlaufen.
Das Buch ist gut zu lesen:
In einer alltäglichen Sprache lässt Bogdan ihre Gedanken mit einem unkomplizierten Satzgefüge harmonisch dahinströmen wohingegen sie in Krisen ein Tosen mit kurzen, knappen Hauptsätzen erzeugt, was die Dramatik der Situation sprachlich unterstreicht.
Trotz der Tiefen ihrer Seele verliert die Erzählerin, unterstützt durch ihre Freundin Rieke und die Psychologin Frau Mohl, nicht ihren Humor. Sie kämpft sich durch beim Joggen und ihrer Rückkehr in ein Leben ohne Trauer aber nicht ohne ihn. Der letzte Satz des Romans: „Er wird immer bei mir sein. Johann.“
Viel Vergnügen beim Lesen!
Quellen:
Wikipedia
Kiwi-verlag.de