Rosa Lichtenberg muss mit ihren Zwillingen Emma und Alice aus Ostpreußen vor den Russen fliehen. Sie lässt die hochfiebernde Alice in der Obhut einer Bäuerin, während sie mit Emma Nahrungsmittel organisieren will. Als sie zurückkommt sind die Russen im Dorf, haben die Bäuerin und andere Einwohner erschossen und das Dorf in Brand gesteckt. Sie finden Alice nicht und glauben, sie sei bei dem Brand umgekommen.
Rosa gelangt mit Emma nach Berlin. Kränkelnd arbeitet sie in einem Kiosk. Der amerikanische Oberst Carter erkennt Emmas Sprachtalent und bringt sie dazu, Sprachen zu studieren. Emma ist immer noch überzeugt, dass Alice lebt, startet eine Suchanzeige beim DRK, die Rosa abblockt. Nach dem Studium arbeitet sie als Dolmetscherin in hohen politischen Kreisen.
Der russische Offizier Sergeij findet die kranke Alice in dem brennenden Haus und nimmt sie mit. Sein Vorgesetzter Gregoriew veranlasst, dass sie als Kind einer Deutschen in ein Kinderheim kommt. Doch Sergeij kümmert sich um sie wie ein Vater und fördert sie. Nach dem Abitur will sie aber nicht studieren, sondern Sekretärin werden. Sie wird von Gregoriew gezwungen, Emma für den KGB auszuspionieren. Um das zu verhindern, bricht sie die Beziehung zu Emma ab. Ihr Kind Lisa wird als Druckmittel genutzt, um sie gefügig zu machen, Freunde auszuspionieren. Schließlich will auch sie, die immer eine hundertprozentige Sozialistin war, in den Westen fliehen.
Das Buch beschreibt, wie zwei Mädchen in den unterschiedlichen Systemen aufwachsen: Alice unter dem Schutz des russischen Offiziers Sergeij und Emma unter dem des amerikanischen Oberst Carter. Menschliche Gefühle und Familien- und Freundesbande geraten unter die Räder der Geheimdienste. Sie werden missachtet oder als Druckmittel missbraucht. Tröstend ist, dass sich dennoch Menschen finden, die sich für andere - auch unter Gefahr für sich selbst - einsetzen.
Die Angst der Menschen, die Verzweiflung, das Misstrauen gegenüber Allem und Jedem und die ständige Sorge, observiert zu werden, wird von Claire Winter gut beschrieben ebenso, wie die Sehnsucht nach Ruhe und Liebe.
Das Buch ist gut zu lesen und spannend. Die historischen Fakten erscheinen gut recherchiert. Insgesamt ein lesenswertes Buch. Ich bin gespannt auf den Nachfolger „Kinder des Aufbruchs“.
Zur Schriftstellerin: Unter dem Pseudonym Claire Winter veröffentlicht Claudia Ziegler ihre Romane. Sie wurde 1968 in Berlin geboren, wo sie auch heute lebt. Nach ihrem Studium Französisch, Germanistik und Publizistik arbeitete sie beim ZDF, bevor sie sich auf das Verfassen historischer Romane konzentrierte.